Stéphane, der immer auf den Flur kommt, wenn sich dort irgendetwas abspielt, hat nur gegrinst und mir einen schönen, freien Tag gewünscht. Auch wenn bei ihm das Timing nie stimmt, hat er doch Manieren.
Letztens habe ich mitgekriegt, wie er über den Flur "gute Nacht, Patricia!" gerufen hat, obwohl diese in ihrem Zimmer war. Natürlich kam von Patricia kein "Gute-Nacht" zurückgebrüllt. Ungeduldig wie er ist, rief er daraufhin lauter "Gute Nacht! Eh, eh!! Patricia! GUTE NACHT!" Dann hat er sich vor ihre Tür gestellt, nochmal gerufen und ist dann ohne wirklich angeklopft zu haben, eingetreten und hat ihr wahrscheinlich mit einem Handschütteln gute Nacht gewünscht. Als wäre es das Normalste auf der Welt sich durch geschlossene Zimmertüren gute Nacht zu wünschen. Und als keine Antwort kam, hat er sie einfach erzwungen. Es ist manchmal so witzig, wie unsere Bewohner untereinander mit sich umgehen.
Jetzt habe ich schon so viel von Patricia erzählt, dass Orsi und René jetzt leider etwas kurz kommen. Orsi und René wohnen in dem Foyer in Ambleteuse, in dem ich gestern ausgeholfen habe, weil Valerie nicht da ist. Orsi ist eine Assistentin aus Ungarn und kommt von der gleichen Organisation wie ich. Sie ist einfach so ein lieber Mensch und mit ihr rede ich gerne. Vorallem gestern, weil sie alleine war, war sie total dankbar, dass ich da war und gekocht habe (wenn es auch nur Reis und Fischstäbchen gab). Eigentlich keine große Arbeit, aber wenn man alleine arbeitet, hängt alles an einem selbst. Man kann noch nicht mal für 10 Minuten das Haus verlassen, wenn die Leute da sind. Das wurde mir auch wieder hier die Woche bewusst, dass man komplett die Verantwortung trägt. Gerade bei uns sind wir jetzt nur noch drei Freiwillige. Aline hat natürlich mehr zu sagen, aber vergleichsweise zu uns ist sie so selten da, das doch alles in unserer Hand fällt. Patricias Anfall ist da das beste Beispiel.
Und René ist ein Bewohner, der in Rente ist. Das heißt er ist immer anwesend, raucht seine 20 Zigaretten am Tag (und das ist schon begrenzt und wird streng überwacht) und trinkt mindestens genauso viel Kaffee. Ich habe seinen Konsum dann nochmal erhöht, indem ich gefragt habe, ob wir einen Kaffee trinken (das Einzige, was man mit ihm machen kann). Er ist dabei aber richtig aufgeblüht und hat mich sogar nach Milch und Zucker gefragt. Ich habe dann bei strahlendem Sonnenschein draußen mit ihm auf die Frau gewartet, die ihn abholen sollte und bei welcher er zum essen eingeladen war. Danach hat sich herausgestellt, dass er gar nicht abgeholt werden sollte, sondern selbst dorthin laufen sollte. Ich wette, wenn er unser Auto gesehen hätte (das habe ich bei einem anderen Foyer geparkt), hätte er mir gegenüber auch behauptet, dass er immer mit dem Auto gefahren wird. Darüber muss ich immer schmunzeln. Das muss man unseren Leuten ja lassen. Wenn es um ihren eigenen Vorteil geht, sind sie richtig clever.
Eindrücke aus Orléans
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