Am liebsten würde ich jetzt schlagskaputt ins Bett fallen,
aber ich halte noch kurz durch, um meine Anreise zu schildern. Die Bahn war mal
ausnahmsweise ziemlich pünktlich. Wir drei (zum Glück sind wir zusammen
angereist) mussten kein einziges Mal einem Anschlusszug hinterher hechten, das
vorallem noch mit dem schweren Gepäck. Wir hatten jeweils in Brüssel und in
Lille ca. 1 Stunde Aufenthalt, in der wir uns ein Café im Bahnhof gesucht
hatten und uns darüber ausgetauscht haben, was für unnützen Kram wir alles mit
uns schleppen. In Brüssel haben wir überraschend zwei andere Freiwillige
getroffen, die dort von ihrer Arche abgeholt wurden. In Calais mussten mich
Jana und Valerie aber leider verlassen, weil sie in den Häusern in Ambleteuse
sind und ich in dem einen von sieben, das in Boulogne-sur-Mer ist. Die gefühlte
Ewigkeit alleine im Zug war schon hart. Ich wusste zwar, dass ich am Bahnhof
abgeholt werde (zur Not hatte ich mir aber auch den Weg zu Fuß bis zum Haus
ausgedruckt), trotzdem war es beängstigend zu wissen, dass man mit diesen,
einem bis dahin fremden Menschen, ein Jahr zusammen verbringt. Der Bahnhof in
Boulogne ist wirklich klein und heruntergekommen und dort musste ich dann die
erste Treppe des Tages meistern, und das mit 3 Tonnen Gepäck zum Ziehen und das
Gleiche nochmal auf dem Rücken. Am Eingang haben mich dann eine Assistentin und
zwei Behinderte abgeholt. Der Mann durfte meinen Koffer bis zum Auto ziehen,
ihm hat man die geistige Behinderung kaum angemerkt. Es ist hier auch so, dass
nicht gesagt wird, was für eine Krankheit die Menschen haben, bei einigen
wissen es selbst die Verantwortlichen nicht. So finde ich es aber auch gut,
denn man soll sie ja nicht pflegen, sondern mit ihnen zusammen wohnen. Ich war
auch erstaunt, wie selbstständig alle sind. In der Wohnung hat man sich sofort
heimisch gefühlt, in der Küche wurde gekocht, dann kam Besuch vorbei, der Tisch
wurde gedeckt und dann saßen wir mit 12 Mann an dem großen ovalen Esstisch. Vor
dem Essen haben wir uns alle an den Händen gehalten und eine Art Tischgebet
gesungen, das Einzige was ich verstanden habe, war „oui, oui, oui“ und am Ende
„bon apetit“, aber ich denke, dass ich bald kräftig mitsingen kann ;) Zum
Nachtisch konnten wir wählen zwischen Bananen und Pfirsichen. Da die Pfirsiche noch
gewaschen werden mussten, sind alle brav aufgestanden und in die Küche
gelaufen. Nur eine ist sitzen geblieben und hat ihr Wasserglas drüber
geschüttet. So geht’s natürlich auch. Anschließend haben wir Schilder für die
heute selbst gekochte Marmelade gebastelt und dann wurden Gourmet Zeitschriften
verteilt, aus denen sich jeder was aussuchen konnte. Jeden Tag kümmert sich wer
andern ums Essen. Am Samstag sind wir Assistenten mit Risotto dran. Danach lief
der Fernseher und nach einander sind alle ins Bett gegangen. Ab Morgen sind wir
nur noch drei Assistenten, davon ein Verantwortlicher, ich schätze ihn so auf
Mitte 20 und Valerie und ich. Noch eine Deutsche in der Arche, die Valerie
heißt. Mit ihr kann ich auch gut die wichtigen Dinge besprechen, die jetzt zu
erledigen sind. Koffer habe ich schon zum größten Teil ausgepackt und die
Teelichter angezündet, denn die Deckenbeleuchtung funktioniert irgendwie nicht.
Dem antiken Schrank traue ich auch noch nicht so ganz, denn daneben stehen an
die Wand gelehnt zwei Holztüren, die anscheinend mal zu ihm gehört haben. Aber
ich habe noch einen anderen Schrank, wo allerdings die Schiebetüren nicht
einwandfrei funktionieren, aber Hauptsache ist genügend Ablagefläche vorhanden.
So, weitere Beschreibungen folgen, wie z.B. die kleine
gruselige Kammer neben meinem Bett, aber das hat ja noch Zeit. So Romane liest
sich ja kein Mensch länger durch.
Bis bald! Eure Sophia
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